Eine EU-Verordnung stellt Kleintiervereine, die international ausstellen, vor große Probleme. Für den Transport über die Grenze gelten neue Regeln und Gebühren. Das können sich die Züchter aber nicht leisten.
Von CLAUDIA FELD – Bocholter Borkener VOLKSBLATT – Dienstag 19.04.2022
BOCHOLT Der Kleintierverein Euregio Aalten-Bocholt hat ein Alleinstellungsmerkmal, das bald
zum Problem werden könnte: Er ist international aufgestellt, mit vielen Mitgliedern sowohl aus
Bocholt als auch aus Aalten. Die Züchter präsentieren ihre Tiere grenzüberschreitend bei Ausstellungen und tauschen ihre Tiere auch untereinander für die Zucht aus. Das alles wird nun gefährdet – ausgerechnet von einer Verordnung der Europäischen Union.
Diese Verordnung stammt aus dem Jahr 2020 und soll Seuchen und Krankheiten besser eindämmen. Züchter und Tierhändler, die Tiere über die Grenze in einen anderen Mitgliedsstaat der EU bringen wollen, müssen dies beim Amtsveterinär anmelden und sich von ihm eine Bescheinigung ausstellen lassen. Pauschal werden dafür 250 Euro fällig. Außerdem müssten die Tiere anschließend vorsorglich in Quarantäne.
„Das ist für unsere Ausstellungen der Tod“, sagt Stefan Iding, Vorsitzender des Kleintiervereins Euregio Aalten-Bocholt, der unter anderem die größte Kleintierschau im Kreis in der Aaseehalle organisiert. Krankheiten würden keine Grenzen kennen und für gewerbliche Betriebe sei es wichtig, Krankheiten und Seuchen einzudämmen. Für solche Betriebe sei es auch viel leichter, die pauschale Gebühr zu zahlen, zeigt sich Iding überzeugt.
In der Verbreitung von Krankheiten würden kleine Rassevereine aber eh keine Rolle spielen, sagt der Vereinsvorsitzende weiter. „Es gibt eine Impfpflicht für Hühner, die wir kontrollieren und nachhalten für die Ausstellungen.“ Außerdem würden die Tiere dort bewertet und die Züchter wählten bereits im Vorfeld aus, welche Tiere dabei sind. Nur gesunde Tiere könnten eine hohe Bewertung bekommen, deshalb werden kranke Tiere nicht mitgenommen. „Wir halten unsere Tiere natürlich“, sagt Stefan Iding. „Das bedeutet auch knallhart: Wer nicht gesund ist, fällt um. Das ist in der Industrie in der Regel anders.“ Natürlich werden die Tiere auch tierärztlich versorgt, aber nur im Notfall mit Antibiotika, sagt Iding.
Erfahrungen mit der Verordnung haben Vereine übrigens noch nicht – denn in den vergangenen zwei Jahren seit Inkrafttreten fanden aufgrund der Corona-Pandemie keine Ausstellungen statt. Er vermute, dass niemand im Rahmen der Gesetzgebung an die kleinen Vereine gedacht hat. „Wir sind ein Kollateralschaden“, sagt Stefan Iding. „Wir sind einfach hinten rüber gefallen.“ Mit der Verordnung werde eine finanzielle Hürde geschaffen, die verhindert, dass die Züchter Welt- und Europameisterschaften abhalten können, zeigt er sich überzeugt. Denn der Kosten-Nutzen sei mit den höheren Kosten nicht mehr gegeben. Dann könnte sich kaum noch jemand das Hobby leisten.
Es gebe aber noch Hoffnung, sagt der Vereinsvorsitzende. Denn die Länder könnten Ausnahmen ermöglichen. Für die Regionen in Grenznähe seien die möglich und würden geprüft, schreibt das Bundeslandwirtschaftsministerium auf eine Anfrage des Bundes Deutscher Rassegeflügelzüchter. Hier sei entscheidend, wie der Begriff „Grenznähe“ definiert wird, schreibt das Ministerium.
Der Bocholter Stefan Iding will jetzt selbst aktiv werden und die Landesregierung anschreiben. Dass der Ministerpräsident aus Rhede kommt, könnte von Vorteil sein, hofft Iding. „Hendrik Wüst kennt die Gegebenheiten und die Strukturen hier. Er weiß, wie es hier läuft.“
Quelle: Claudia Feld – Wir sind ein Kollateralschaden – Bocholter Borkener VOLKSBLATT – 19.04.2022